Nachts, wenn alle Kraniche von den Maisfeldern zu der Vogelschutzinsel Kirr längst zurück gekehrt sind, hörst Du sie immer noch rufen. Aufgeschreckt von einem vermeintlichen Fressfeind? Oder nur eine akustische Vergewisserung, sind alle sicher an Bord? Unsere Unterkunft liegt direkt am Zingster Boddenhafen und somit in akustischer Reichweite der Schlafstatt von 30.000 Kranichen. Du brauchst kein Licht, um von deinen gefiederten Nachbarn zu wissen. Du nimmst ihre Rufe mit in den Schlaf.
Morgens, beim Spaziergang längs des Deichs sind nur noch einige Nachzügler zu sehen, alle anderen Kraniche sind schon längst aufgebrochen zum Fressen in die umliegenden Felder. Vom Norden Europas angekommen gilt es, Proviant aufzunehmen für den Weiterflug zum Diepholzer Moor und dann weiter zu den Überwinterungsplätzen nach Frankreich oder Spanien.
Während unseres Herbstaufenthalts gab uns das Wetter so einiges an Aufgaben mit. Pfiff an den ersten Tagen am Bodden ein eiskalter Ost-Wind, wechselten sich anschliessend Nebel und Regen stets ab. Hatten wir endlich einen Trupp in einem Feld gefunden galt es den erforderlichen Mindestabstand einzuhalten, um die Tiere nicht aufzuscheuchen. An den Hot Spots stehen geduldige Ranger bereit und erklären gerne Einzelheiten zum Vogelzug.
Am Kranorama am Günzer See lassen sich tagsüber hunderte dieser Glücksbringer leicht fotografieren, ohne Gefahr zu gehen, die Tiere zu beunruhigen. Hier wird regelmäßig in Mengen Mais ausgebracht und von der Beobachtungsstation ist es bis dorthin nicht weit entfernt. Das hat natürlich nichts mit richtigem Wildlife zu tun, bietet aber einen sinnvollen Ausgleich zwischen Naturschutz und Tourismus.
Der abendliche Einflug der Kraniche oberhalb der Meiningenbrücke ist bei sonnigem Wetter eine feste Größe eines jeden Zingst Aufenthalts. Schon von weitem sind die Gruppen in ihrer typischen Flugformation zu erkennen, die aussieht wie eine große Eins. Es ist ganz einfach: Du stellst Dich auf die Brücke und läßt die Flugformationen über Deinen Kopf hinwegziehen und schaust ihnen nach, wie sie auf der Insel Kirr landen.
Früh morgens erleuchten lediglich unsere Fahrradlampen die gewundenen Wege, die uns zur Buchhorster Maase führen. Ab Prerow fährt ein Natur Ranger unserer Gruppe voraus, denn die Region um die offene Lichtung innerhalb des Darßer Waldes ist ohne fachkundige Begleitung gesperrt. Schon von weitem können wir das Rufen der Hirsche hören, noch einige Kilometer von unserem Ziel entfernt. In einer geräumigen Beobachtungshütte machen wir es uns gemütlich und schauen den Hirschen dabei zu, wie sie sich gegeneinander behaupten.
Trotz unser Tarnung ziehen sich die Rothirsche nach und nach in den hinteren Teil des offenen Geländes zurück, das fordert die Fotografen und ihre Equipment heraus. Leider ist die Perspektive so von oben herab auch nicht optimal, aber der pensionierte Förster versichert uns, dass wir im Trupp lediglich Gäste sind, die den Tieren stets den Vorrang einräumen müssen. Was bleibt ist ein unvergeßliches Erlebnis in der Gemeinschaft von naturbegeisterten Fotografen mit vielen neuen Erfahrungen in dem Genre Wildlife und Dank des phantastischen frühmorgendlichen Lichts einige schöne Erinnerungen für das Photoalbum.